Mittwoch, 25. Januar 2012

Dritter Teil: Deutschland - 1. Flucht


Nachdem die kleine Gruppe entkommen war, schmeckten sie das erste Mal seit langem wieder die Freiheit. Obwohl sie vorher kaum mehr weiterlaufen konnten, kamen jetzt neue Kräfte, hervorgerufen durch das Adrenalin, frei zu sein. Geschlafen haben sie in Kuhställen oder verlassenen Häusern. Da jetzt alle Dörfer zu evakuieren waren, achtete eigentlich niemand gross auf die drei. Man schenkte ihnen auch Lebensmittel und Decken. Doch sie dachten sich zur Sicherheit eine Geschichte aus, die sie den Polizisten dann auch auftischten. Ditha war eine ausgezeichnete Schauspielerin und es funktionierte meistens. Sie zitierten zum Beweis sogar die Hitlerparolen, um zu zeigen, dass sie keine Juden waren. Nur Ruth Klüger hätte sie beinahe verraten. Sie waren schon auf dem Militärstation, doch der Vorbesetzte war nicht da, und die Mutter redete ausgiebig auf den Mann ein. So durften sie wieder gehen. Sie hatten erneut Glück.
Doch sie wollten das nicht noch einmal riskieren und wollten sich vom Pfarrer falsche Ausweise besorgen. Ruth Klüger weiss bis heute nicht, wie ihre Mutter es geschafft hatte, aber sie kam mit drei Papieren zurück. Mit diesen Papieren kamen sie locker in den Zug, der die Flüchtlinge nach Süddeutschland brachte, weg von der Front. Im Zug bekamen sie Decken und hatten endlich Ruhe. Er fuhr allerdings nur Nachts, um den Bombern nicht aufzufallen.
Die Familie Klüger hatte grosses Glück, an fremde Papiere heranzukommen, wobei die Pfarrer anscheinend alle derartiges getan haben, auf Gefahr ihres eigenen Lebens.

 

Der Zug brachte die Familie zu einer Bauerfamilie am Rande der Stadt Straubing (oben auf der Karte).  Doch Ruth Klüger fühlte sich auch etwas wie ein Verräter, weil sie ihre Identität verleugnen. Sie erfanden Geschichten, wieso Ruth so jüdisch aussähe und so unähnlich ihrer Schwester Ditha gegenüber. Ausserdem entdeckte Ruth Klüger auf der Strasse eine Kolone Sträflinge, Juden, die mitten auf der Strasse liefen, schwer bewacht natürlich. Doch niemand sah hin, sie wollten nicht, verschlossen die Augen vor der Wahrheit. In diesem Sinne hat sie nur Ruth gesehen, weil sie weiss, wie es ist, an ihrer Stelle zu sein. Dann kamen die Bombenangriffe. Interessant ist, dass sie sich zuerst gar nicht gefürchtet hat, denn sie dachte, die grösste Gefahr sei vorüber mit den KZs und ausserdem waren diese nie beschossen worden. Doch dann versteckte sie sich doch im Keller. einmal schlug sogar eine Bombe auf dem Hof vor dem Haus ein. Fünf Meter neben dem Haus. Die Hühner waren alle Tod und die Ställe in Schutt und Asche gelegt. Sehr eindrücklich. Im Frühling kamen dann die Amis und der Krieg war vorüber. Sie waren froh und meldeten sich bei einem Mann als Juden, die entkommen waren. Dieser hielt sich aber die Ohren zu, denn es gab so viele Leute, die Behaupteten, entkommene Juden zu sein. eines schien ihr somit schon sicher, der Krieg wurde nicht für sie gekämpft, nicht für die Juden, gewonnen.

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