Dienstag, 24. Januar 2012

Entkommen

Am Anfang des Jahres 1945 waren immer mehr Geschosse von Seiten der Russen zu hören. Ruth Klüger hoffte natürlich auf eine schnelle Niederlage der Deutschen und wartete geradezu darauf, dass die Russen in das Lager einfielen. Doch dazu kam es nicht. Die Deutschen beschlossen, zu flüchten und nahmen die Gefangenen natürlich mit. So reisten sie den ganzen Tag zu Fuss und die Abende verbrachten sie in Scheunen, die viel zu klein für diese grosse Anzahl an Menschen waren. So schlimm sei es noch nie gewesen, man konnte sich kaum mehr bewegen, geschweige denn schlafen. Alles Stank nach Urin und man konnte gar nicht mehr aufstehen, wenn man einmal lag. Im Vergleich dazu, kommen Ruth Klüger die vorherigen Transporte gerade zu wie Luxus vor.

Als es aber zwei Abende so weiterging, hatte Ruth die Nase voll. Die Aufsichtspersonen waren nicht aufmerksam genug und der Zeitpunkt für die Flucht schien geradezu perfekt. Ihre Mutter, Ditha und drei Tschechinnen schienen das ebenso zu sehen und schlossen sich der Flucht an. Also machten sie einfach kehrt und liefen die Strasse zurück.
Die anderen schienen gar nicht auf die Idee gekommen zu sein. Zugegeben, das Überleben da draussen ohne Orientierung, Vorräte oder Ähnliches schien recht riskant, aber für die sechs Flüchtlinge war alles Recht, Hauptsache sie waren frei. Vielleicht waren die anderen zu träge zum fliehen, mutmasste Ruth Klüger.
Die Tschechinnen trennten sich dann von ihnen, um in ihre Heimat zu gelangen und die drei reisten alleine weiter. Sie übernachteten in Scheunen und tranken die Milch von den Kühen.

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